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Ein Ehepaar war mit seinem teilkaskoversicherten Wohnmobil auf dem Weg in den Urlaub. Sie legten an einer Raststätte eine Pause ein und stellten das Fahrzeug auf dem Parkplatz ab. Der Mann ging vor, rief seiner Frau aber noch zu, sie solle den Schlüssel mitbringen. Das hörte die Ehefrau jedoch über die Entfernung nicht. Sie ließ das Wohnmobil unverschlossen zurück. Sowohl der Schlüssel als auch der Fahrzeugschein befanden sich beide im Fahrzeug. Als die Eheleute später zurück zum Parkplatz kamen, stellten sie fest, dass das Wohnmobil gestohlen worden war.
Der Mann verlangte von seiner Versicherung eine vollumfängliche Erstattung für den Verlust. Doch die Versicherung wollte die Erstattung nur in Teilen übernehmen, da der Wohnmobilbesitzer ihrer Auffassung nach den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe, weil der Schlüssel noch im Fahrzeug lag. Der Versicherungsnehmer hielt dem entgegen, dass er seine Pflicht erfüllt habe, indem er seine Frau bat, den Schlüssel mitzubringen. Der Fall landete in erster Instanz vor dem Landgericht Dortmund, welches zugunsten des Wohnmobilbesitzers entschied. Daraufhin legte die Versicherung Berufung ein.
Doch das Oberlandesgericht Hamm schloss sich in seinem Urteil vom 23.1.2023 (Az.: 6 U 107/21) der Entscheidung des LG Dortmund an. Die Versicherung dürfe die Leistung nicht kürzen. Nach Auffassung des Gerichts habe der Wohnmobilbesitzer nicht grob fahrlässig gehandelt. Vielmehr sei er seiner Pflicht nachgekommen, indem er seine Ehefrau darum gebeten habe, den Schlüssel mitzubringen. Dass seine Gattin die Bitte nicht bzw. missverstanden habe, stelle keine grobe Fahrlässigkeit dar. Es handele sich dabei lediglich um ein Missverständnis, das jedem passieren könne, so das OLG Hamm.
Des Weiteren sahen die Richter keine Hinweise dafür, dass der Versicherungsnehmer hätte bemerken müssen, dass seine Frau ihn nicht verstanden hatte. Folglich könne ihm auch keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass er seine Frau nicht explizit aufgefordert hatte, das Wohnmobil abzuschließen. So sei es doch eigentlich selbstverständlich, ein Wohnmobil abzuschließen, bevor man es auf einem Parkplatz stehen lasse.
Auch darin, dass der Ehemann nicht kontrollierte, ob seine Frau den Schlüssel wirklich mitgebracht hatte, und dass sowohl Fahrzeugschein als auch Zweitschlüssel im Wohnmobil versteckt waren, konnten die Richter keine grobe Fahrlässigkeit erkennen. Die Versicherung habe nicht beweisen können, dass dies für den Diebstahl ausschlaggebend war, und auch sonst nichts vorgetragen, was eine Leistungskürzung plausibel begründen würde. Die Versicherung wurde verurteilt, den Teilkaskoschaden vollständig zu erstatten.
Dieses Urteil zeigt, dass Missverständnisse nicht zwangsläufig als grobe Fahrlässigkeit interpretiert werden. Dennoch sollte es keinesfalls so ausgelegt werden, dass Fahrzeuge grundsätzlich unabgeschlossen stehengelassen werden oder Schlüssel und Fahrzeugscheine bedenkenlos im Fahrzeug liegengelassen werden können. Grundsätzlich sollten Sie sich als Versicherungsnehmer aller Pflichten bewusst sein und sämtliche Ausschlusskriterien kennen, die in der Police benannt werden.