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Kommt es zu einem Unfall auf der Autobahn, dürfen Autofahrer nicht leichtsinnig ihr Fahrzeug verlassen und die Fahrbahn betreten. Wenn sie sich in Sicherheit bringen, müssen sie besonders vorsichtig vorgehen und beispielsweise eine Warnweste tragen. Ansonsten haften sie zur Hälfte für mögliche Schäden, falls es aufgrund ihres unvorsichtigen Verhaltens zu einem Folgeunfall kommen sollte. So entschied das Oberlandesgericht Brandenburg in seinem Urteil vom 16.06.2023 (Az.: 12 U 218/22).
In dem zugrundeliegenden Fall befand sich ein Autofahrer im Dunkeln auf der Beschleunigungsspur, um auf die Autobahn aufzufahren. Wegen eines liegen gebliebenen Fahrzeug bremste der Fahrer vor ihm plötzlich ab und es kam zu einer Kollision, die den Autofahrer mit seinem Pkw über die Fahrstreifen schleuderte. Das wiederum führte zu weiteren Zusammenstößen. Die nachfolgenden Fahrzeuge mussten anhalten und schalteten die Warnblinkanlagen ein.
Der auffahrende Unfallbeteiligte stieg aus seinem Fahrzeug und lief über die Fahrbahn, um sich auf dem Standstreifen in Sicherheit zu bringen. Dabei trug er dunkle Kleidung, aber keine Warnweste. Ein mit ca. 50 km/h an den Unfallfahrzeugen vorbeifahrender Pkw erfasste ihn beim Überqueren der Fahrbahn.
Da der Mann beruflich unterwegs gewesen war, übernahm die gesetzliche Unfallversicherung zunächst die Kosten für seine Behandlung und forderte diese dann von der Kfz-Haftpflichtversicherung des beteiligten Autofahrers zurück. Diese verweigerte die Kostenübernahme und der Fall ging vor Gericht. In dem Prozess ging es um die Frage, inwieweit der Fahrer für die Schäden des angefahrenen Mannes aufkommen muss.
In seinem Beschluss warf das OLG Brandenburg dem Fahrer einen besonders groben Verkehrsverstoß vor. Er habe sich der Unfallstelle viel zu schnell genähert. Dabei sei sie durch die vielen Warnblinker der stehenden Autos klar erkennbar gewesen. Allenfalls hätte er an der Unfallstelle maximal mit Schrittgeschwindigkeit vorbeifahren dürfen. Außerdem hätte er bei einer solchen Massenkarambolage mit Fußgängern auf der Fahrbahn rechnen müssen.
Doch auch dem angefahrenen Mann sprach das Gericht eine Mitschuld an seinen Verletzungen zu, weil er die Gefahrensituation herbeigeführt habe, indem er leichtsinnig und ohne Warnweste die Autobahn überquerte. Zwar müsse berücksichtigt werden, dass der Mann nach dem ersten Unfallereignis unter Schock gestanden habe. Das entschuldige aber allenfalls, dass er die Unfallstelle nicht gesichert habe, was wiederum zu vernachlässigen sei, weil sie durch die vielen Autos mit Warnblinkern klar erkennbar war. Doch das entschuldige nicht sein leichtsinniges Überqueren der Fahrbahn. Die Richter kamen daher zu dem Schluss, dass er zur Hälfte für die Schäden, in diesem Fall seine eigenen Behandlungskosten, aufkommen müsse.
Auch wenn nach einem Unfall so mancher Autofahrer sicherlich unter Schock steht, darf er nicht einfach die Autobahn überqueren. Kommt es aufgrund dessen zu einem weiteren Unfall, haftet er potenziell zur Hälfte mit.